Der Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen will Vorbildregion im Klimaschutz und in der regionalen Energieversorgung werden. Energie soll künftig zu bezahlbaren Preisen, ressourcenschonend, weitestgehend aus regionalen Quellen, umweltverträglich und im Einklang mit dem Klimaschutz bereitgestellt werden. Um die Energiewende im Landkreis voranzutreiben, wurde das vorliegende Integrierte Klimaschutzkonzept von der B.A.U.M. Consult GmbH (kurz: B.A.U.M.) erarbeitet.
Zahlreiche gesellschaftliche Kräfte waren in die Entwicklung eingebunden. Ursprünglich war die Erstellung eines Klimaschutzkonzepts für den Landkreis und alle Gemeinden angedacht. Das Landratsamt hat sich aber nach gründlicher Überlegung und nach Rücksprache mit den Gemeinden dafür entschieden, ein reines Landkreiskonzept erstellen zu lassen. Dieses soll in der hier vorliegenden Form eine solide Grundlage und Ausgangsbasis für weitere Schritte der einzelnen Gemeinden (z. B. in Form von eigenen Klimaschutzkonzepten oder Energienutzungsplänen) bilden.
Mit diesem Integrierten Klimaschutzkonzept verfügt der Landkreis nun über
- eine fortschreibbare Energie- und CO2-Bilanz, bezogen auf die Nutzungsarten Strom, Wärme und Treibstoffe, differenziert nach den Bereichen kommunale Liegenschaften, private Haushalte, Wirtschaft und Verkehr,
- eine Abschätzung zu den bereits genutzten und bis 2035 noch erschließbaren Potenzialen hinsichtlich Energieeinsparung, Effizienzsteigerung und Nutzung regionaler erneuerbarer Energien,
- Wärmedichtekarten für sämtliche Gemeinden, die eine erste Einschätzung geben, in welchen Bereichen die Errichtung von Nahwärmeverbünden angedacht werden sollte,
- ein Leitbild, Leitlinien und quantifizierte Ziele für den Umbau der regionalen Energieversorgung,
- ein Maßnahmenpaket mit 33 Maßnahmen in den Bereichen „Entwicklungsplanung, Raumordnung“, „Kommunale Gebäude, Anlagen“, „Versorgung, Entsorgung“, „Mobilität“, „Interne Organisation“ und „Kommunikation, Kooperation“, inklusive einer Kostenübersicht für die ersten Schritte aller Maßnahmen und einer Priorisierung,
- Hinweise zu einem erfolgreichen Umsetzungsprozess auf der Basis bestehender und neu zu ergänzender Arbeitsstrukturen, begleitet durch ein Controlling und eine zielgruppenorientierte Öffentlichkeitsarbeit.
Die Daten verdeutlichen, dass die Energiewende nur durch Kooperation aller Bereiche gelingen kann und nicht im direkten Zugriff der Verwaltung liegt. Im Rahmen von drei regionalen Energiekonferenzen und zwei Fachgesprächen haben sich Akteure aus Fachwelt und Politik ebenso wie Bürgerinnen und Bürger des Landkreises, zusammen mit den Gutachtern von B.A.U.M. Consult, in thematischen Foren an der Bewertung von Potenzialen und der Erarbeitung von Maßnahmen für das Integrierte Klimaschutzkonzept beteiligt. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Werden die Potenziale zur Verbrauchsreduktion ausgeschöpft und das Potenzial regenerativer Energien ambitioniert ausgebaut, kann sich der Landkreis Bad TölzWolfratshausen im Jahr 2035, bezogen auf den Energieverbrauch durch Wärme zu 46 % und bezogen auf Strom zu 100 %, aus eigenen Energiequellen versorgen. Dadurch lassen sich die energiebedingten CO2-Emissionen im Vergleich zu 2011 im Bereich Wärme um rund 54 % und im Bereich Strom um rund 86 % senken. In allen drei Bereichen zusammengenommen (Wärme, Strom und Verkehr) ergibt sich im Jahr 2035 eine Reduktion um 56 % auf 3,6 t CO2 pro Einwohner.
Bis zum Jahr 2035 kann der Endenergiebedarf durch Einspar- und Effizienzmaßnahmen im Bereich Wärme um 25 % und im Bereich Strom um 20 % reduziert werden. Im Bereich Verkehr kann der Treibstoffbedarf um 12 % gesenkt, die CO2-Emissionen können um 31 % reduziert werden. Treibstoffe können zu 8,5 % aus regenerativen Quellen bereitgestellt werden, auch wenn diese nicht ausschließlich in der Region erzeugt werden können. Um diese Potenziale zu heben, bedarf es eines ganzen Bündels an Maßnahmen im kommunalen, unternehmerischen und privaten Umfeld. Der Landkreis kann hier nicht nur im Rahmen seiner eigenen Liegenschaften aktiv werden, sondern muss darüber hinaus Gemeinden, Bürger und Betriebe aktivieren, motivieren und unterstützen.
Im Maßnahmenbereich “Entwicklungsplanung, Raumordnung“ liegt der Schwerpunkt der Aktivitäten auf der Entwicklung einer klimafreundlichen Bauleitplanung. Grundstückseigentümerverbindliche Instrumente sollen dazu beitragen, Energieverbrauch und CO2-Emissionen bei Neubauvorhaben und durch Sanierung und Effizienzsteigerung im Bestand zu vermindern.
Im Maßnahmenbereich „Kommunale Gebäude, Anlagen“ (ohne Wasserversorgung, Abwasser, Abfall) liegt das Augenmerk besonders auf der Vorbildfunktion, die die Kommune für ihre Bürger und auch überregional einnehmen kann. Hier wurde auf der Grundlage eines Klimaschutzteilkonzepts für kommunale Liegenschaften seit 2009 bereits Vorbildliches geleistet. Weitere Handlungsmöglichkeiten bestehen vor allem im Einsatz erneuerbarer Energien für die Strom- und Wärmeversorgung kommunaler Liegenschaften sowie der Steigerung der Energie- und Wassereffizienz durch neue Technik und Schulung der Mitarbeiter. Potenzial für Stromeinsparung im kommunalen Bereich hat auch die Umsetzung neuer Lichtkonzepte auf Basis von LEDs.
Im Maßnahmenbereich „Versorgung, Entsorgung“ finden sich keine Maßnahmen, da in diesem Bereich der Landkreis nicht als Betreiber von größeren Anlagen auftreten kann. (siehe dazu die Erläuterungen in Kapitel 3.2).
Im Maßnahmenbereich „Mobilität“ zeugen die neun Projekte im Maßnahmenkatalog des Klimaschutzkonzepts von der Bedeutung, die der zukunftsfähigen Mobilitätsentwicklung im Landkreis zukommt. Der Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) sowie die überregionale Vernetzung und verbesserte Informationsbereitstellung sollen den Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel erleichtern. Die Substitution von fossilen Treibstoffen, z. B. durch Biogas oder durch Elektromobilität, wird sich positiv auf die CO2-Bilanz auswirken. Motivation und Information sollen den Verkehrsmix im Landkreis umweltfreundlicher machen. Als Tourismusregion hat der Landkreis doppelte Verantwortung. Zum einen soll mit klimafreundlichen innovativen Ansätzen die Verkehrssituation der touristischen Schwerpunkte verbessert werden, zum anderen sollen vorbildliche und zukunftsfähige Angebote den Gästen einen angenehmen Aufenthalt ermöglichen und ihnen so Anreize zu langfristig klimafreundlichem Verhalten geben. Der Bereich Verkehr ist allerdings nur bedingt in der Region selbst zu verändern, deshalb braucht der Landkreis vor allem im Bereich des ÖPNV Partner von außen.
Im Maßnahmenbereich „Interne Organisation“ werden Kapazitäten für die Koordination und Wissensvermittlung im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen geschaffen. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Schaffung der Stelle eines Klimaschutzmanagers. Diese Person wird in erster Linie koordinierend tätig und stellt den Fortschritt bei der Umsetzung der Maßnahmen aus dem Klimaschutzkonzept sicher. Klimaschutzmanager sind wichtige Impulsgeber und Motoren des Energiewendeprozesses und sollen auch den interkommunalen Erfahrungsaustausch fördern. Für das Controlling der Umsetzung der Maßnahmen und das Monitoring der Fortschritte und Erfolge wird eine Teilnahme am bewährten Unterstützung- und Zertifizierungsprogramm European Energy Award® (eea®) angestrebt.
Der Maßnahmenbereich „Kommunikation, Kooperation“ gliedert sich in drei thematische
Maßnahmenteilbereiche: Im Maßnahmenteilbereich „Unterstützung privater Aktivitäten“ stehen Einsparung, Effizienz und Eigenenergieversorgung in privaten Haushalten im Vordergrund. Maßnahmen im Teilbereich „Kommunikation, Kooperation mit lokalen Multiplikatoren“ dienen zuerst der Information und Akzeptanzförderung der beteiligten Akteure.
Im Maßnahmenteilbereich „Kommunikation, Kooperation mit Wirtschaft, Gewerbe und
Industrie“ sollen Unternehmen über intensiven Erfahrungsaustausch die Möglichkeiten eines profitablen Klimaschutzes nahe gebracht werden. Die Einbindung interessierter Betriebe in bestehende und weiter auszubauende Netzwerke wird durch Zertifizierungs- und Qualifizierungsangebote unterstützt.
Da die Energiewende im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen nur durch die Kooperation aller Bereiche gelingen kann, gilt es die unterschiedlichen Akteure fortlaufend einzubeziehen und zu informieren. Die Aktivitäten in den genannten Maßnahmenbereichen werden deshalb durch eine übergreifende Öffentlichkeitsarbeit begleitet.
Mit den für das Klimaschutzkonzept erarbeiteten Maßnahmen ist ein wichtiger Grundstein für die Energiewende im Landkreis geschaffen. Dieser muss nun mit langfristiger Perspektive ambitioniert fortgeführt werden. Politik, Wirtschaft und Bürgerschaft sollen eng zusammenarbeiten, um bestehende Hemmnisse zu beseitigen und weitere Anreize zur Beteiligung breiter gesellschaftlicher Kreise zu schaffen. Für die Fortschrittskontrolle wird ein Monitoring-System eingerichtet. Die im Klimaschutzkonzept dargestellten Potenziale und die entsprechend formulierten Ziele sollen in geeigneten Abständen einer kritischen Überprüfung unterzogen und angepasst werden.
(Quelle: Integriertes Klimaschutzkonzept für den Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen, Zusammenfassung, 2013, B.A.U.M. Consult GmbH, München)
Hier geht's zum Gesamtkonzept:
http://www.lra-toelz.de/fileadmin/pdf/Behoerdenleistungen/Klimaschutz_Energie/Konzept.pdf